Wahlberechtigung von unter Achtzehnjährigen in Deutschland – gemäß des Bundeswahl-, Landeswahl- und Kommunalwahlgesetzes – Regelungen zum Wahlrecht in Deutschland
Wahlberechtigt auf Bundesebene sind in Deutschland grundsätzlich Menschen, die die deutsche Staatsbürgerschaft besitzen, das achtzehnte Lebensjahr vollendet haben und seit mindestens drei Monaten in der Bundesrepublik Deutschland eine Wohnung innehaben oder sich sonst gewöhnlich aufhalten (§ 12 Absatz 1 Bundeswahlgesetz). Dennoch gibt es in Deutschland für Menschen unter 18 auf den verschiedenen Verwaltungsebenen, rechtlich unterschiedlich geregelt, ein Wahlrecht. Auf Landes- und kommunaler Ebene wurde inzwischen in vielen Bundesländern – wie unsere Landkarte Kinderrechte deutlich macht – das Wahlrecht ab 16 Jahren eingeführt (Baden-Württemberg, Brandenburg, Bremen, Hamburg Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein). Dabei handelt es sich um das aktive Wahlrecht, d. h. das Recht der Stimmabgabe. Das passive Wahlrecht, also das Recht, selbst für ein politisches Wahlamt zu kandidieren, liegt – bis auf die Kommunalebene in Baden-Württemberg (2023) – weiterhin bei 18 Jahren.
Vorgaben der UN-Kinderrechtskonvention
Obwohl das Wahlrecht in einem demokratischen Grundverständnis der Bürger*innenrechte ein wesentliches Recht ausmacht, fehlt in der UN-Kinderrechtskonvention (UN-KRK) ein ausdrücklicher Bezug darauf. Dabei benennt die UN-KRK explizit Kinder – und damit alle Menschen unter 18 Jahren – ausdrücklich als Träger*innen eigener (Bürger*innen)rechte, indem sie ihre Rechte auf Meinungs- und Informationsfreiheit (Artikel 13 UN-KRK), Gedankens-, Gewissens- und Religionsfreiheit (Artikel 14 UN-KRK), Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit (Artikel 15 UN-KRK) sowie Schutz auf Privatsphäre und Ehre (Artikel 16 UN-KRK) festschreibt. Zusätzlich wird in Artikel 12 UN-KRK, das Recht des Kindes auf Gehör und Berücksichtigung seiner Meinung in allen das Kind betreffenden Angelegenheiten betont.
Kinder werden hier eindeutig als eigenständige Rechtssubjekte verstanden; es gilt als unumstritten, dass Beteiligungsrechte von Kindern für eine umfassende Ermittlung und Berücksichtigung ihrer Interessen notwendig sind.
In den Allgemeinen Bemerkungen Nr.12 (2009) "The right of the child to be heard" und Nr. 20 (2016) "on the implementation of the rights of the child" macht der UN-Ausschuss für die Rechte des Kindes besonders deutlich, dass eine starke beteiligung von Kindern und Jugendlichen nicht nur notwendig ist, um ihnen ein bestmögliches Leben und eine gute Entwicklung zu sichern. Starke Beteiligung kann auch ermöglichen, dass sie sich selbst als aktive Staatsbürger*innen einer politischen Gesellschaft verstehen, Verantwortung übernehmen und dass soziales Engagement gefördert wird. Besonders die Jugendphase, die der UN-Ausschuss in der Zeitspanne von 10 bis 18 Jahren verortet, bezeichnet er als eine Phase, die von wachsenden Möglichkeiten, Fähigkeiten, Ambitionen und Kreativität geprägt ist und bei stärkerer Einbeziehung der Jugendlichen selbst nicht nur eine Ressource für die Jugendlichen, sondern die gesamte Gesellschaft darstellt.
Bemühungen zur Absenkung des Wahlalters
In Deutschland gibt es bereits lange eine gesellschaftliche und wissenschaftliche Debatte um die Absenkung des Wahlalters. Es lassen sich grob drei Positionen der Befürworter*innen von einer Öffnung des Wahlrechts unterscheiden: die Herabsetzung des Wahlalters, das Wahlrecht ohne Altersgrenze und das Stellvertreterwahlrecht für Sorgeberechtigte. Bereits 1995 reichten zwei Kinder (13 und 16 Jahre) beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe eine Verfassungsbeschwerde zum Wahlrecht ohne Altersgrenze ein. 2014 fochten 15 Kinder mit der Unterstützung von zehn Erwachsenen die Bundestagswahl 2013 an, mit der Begründung, dass die unter Achtzehnjährigen davon ausgeschlossen werden. Beide Klagen wurden abgewiesen. Mitglieder des Bundestages stellten 2003 und 2007 fraktionsübergreifende Anträge zur Absenkung des Wahlalters. Beide Anträge verliefen erfolglos. 2015 forderte auch die Kinderkommission des Deutschen Bundestags eine Absenkung des Wahlalters. Aus einem Gesetzentwurf zur Änderung des Grundgesetztes der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, der Ende September 2019 erstmals auf der Tagesordnung des Bundestagsplenums stand, geht hervor, dass sie die Altersgrenze für das aktive Wahlrecht auf Bundesebene auf 16 Jahre herabsetzen wollen. Die Parlamentarische Versammlung des Europarats forderte schon 2011 die Mitgliedsstaaten dazu auf, eine Herabsetzung des Wahlalters auf 16 Jahre zu prüfen. Die aktuelle Bundesregierung nahm im Koalitionsvertrag von 2021 mit auf, das Grundgesetz ändern zu wollen und das aktive Wahlrecht für die Bundestagswahlen ab 16 Jahre zuzulassen. Im November 2022 wurde das Mindestwahlalter für das aktive Wahlrecht bei den Wahlen zum Europäischen Parlament auf 16 Jahre (als weiteres Vorhaben der Bundesregierung) erfolgreich abgesenkt.