Welchen Zugang haben geflüchtete Kinder zu Kitas?
Der Zugang zu Kindertageseinrichtungen (Kitas) ist in Deutschland bundeseinheitlich geregelt. Auch geflüchtete Kinder ab einem Jahr haben einen Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz. Dieser ist in § 24 des Sozialgesetzbuches VIII geregelt. Für Kinder zwischen einem und sechs Jahren müssen die Kommunen Plätze in Kindertageseinrichtungen bereitstellen. Dabei sind sie an gesetzliche Vorgaben des Bundes und des jeweiligen Bundeslandes gebunden. Für eine Planung der bereitzustellenden Plätze fehlen in den meisten Ländern jedoch grundlegende Daten. In der Deutschlandkarte finden Sie die Ergebnisse der Befragungen, die die Monitoring-Stelle UN-Kinderrechtskonvention bei den Sozial- und Kultusministerien der Länder in 2016 und in 2017 durchgeführt hat.
Hintergrund
Für alle Kinder in Deutschland hat die UN-Kinderrechtskonvention gemäß Artikel 2 Gültigkeit, auch für geflüchtete Kinder. Artikel 22 der UN-Kinderrechtskonvention (UN-KRK, die Konvention) stellt klar, dass ein geflüchtetes Kind "angemessenen Schutz und humanitäre Hilfe bei der Wahrnehmung der Rechte erhalten muss". In den Artikeln 28 und 29 der UN-KRK ist das Recht auf Bildung garantiert. Deutschland muss diese Rechte gewährleisten, da es sich mit der Ratifikation der UN-Kinderrechtskonvention dazu verpflichtet hat. Artikel 4 der UN-KRK regelt die rechtliche Umsetzung der Konvention in nationales Recht und enthält eine unmittelbare Verpflichtung der Vertragsstaaten zur Verwirklichung aller in der Konvention enthaltenen Rechte. Die UN-KRK ist seit dem 5. April 1992 für Deutschland in Kraft und gilt seit dem 15.Juli 2010 ohne Einschränkungen.
Ein Kita-Besuch sollte geflüchteten Kindern möglichst schnell und ohne große Hindernisse ermöglicht werden. Denn Kitas bieten ihnen ein geschütztes Umfeld, einen strukturierten Ablauf und Bezugspersonen. Außerdem unterstützen Kitas die Kinder bei ihrer sprachlichen und kulturellen Integration.
Methode
Für die Befragung hat die Monitoring-Stelle UN-Kinderrechtskonvention des Deutschen Instituts für Menschenrechte die für Kinderbetreuung zuständigen Ministerien in allen sechzehn Bundesländern im Januar 2016 angeschrieben und Fragebögen übermittelt. Geantwortet haben 13 Sozial- oder Kultusministerien. Keine Antworten gab es aus Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und Thüringen. Im Januar 2017 hat die Monitoring-Stelle den Ländern Gelegenheit gegeben, etwaige Änderungen mitzuteilen und über Entwicklungen zu berichten, Dies haben sechs Bundesländer genutzt.
Fazit
Die Umfrage hat deutlich gemacht, dass der Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz für Kinder ab einem Jahr für viele geflüchtete Kinder nicht erfüllt ist.
Die Bundesländer sind unterschiedlicher Ansicht, wann der Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz für Kinder ab einem Jahr greift. Hier ist eine Klarstellung der Bundesregierung notwendig: Sie muss deutlich machen, dass der Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz für geflüchtete Kinder unmittelbar ab dem Zuzug aus dem Ausland gilt und nicht erst mit der Zuweisung an eine Kommune, die oftmals Monate in Anspruch nehmen kann. Dies legt das Rechtsgutachten des Deutschen Jugendinstituts "Flüchtlingskinder und ihre Förderung in Tageseinrichtungen und Kindertagespflege" und das Gutachten der Wissenschaftlichen Dienste des Bundestages WD 9 - 3000 - 012/16 dar. Dies gilt aus Sicht der Monitoring-Stelle insbesondere für Kinder aus sogenannten sicheren Herkunftsländern, da sie nach den letzten Änderungen im Asyl- und Aufenthaltsrecht gar keiner Kommune mehr zugewiesen werden.
Die Wichtigkeit eines Kita-Besuchs auch bereits für Kinder in Erstaufnahmeeinrichtungen ist in Hamburg und dem Saarland explizit anerkannt. Im Saarland ist beispielsweise eine Kita, die geflüchteten und deutschen Kinder offen steht, an die Erstaufnahmeeinrichtung angegliedert. Das ist sinnvoll, da neben dem Recht der Kinder auf Zugang zu Bildung, Eltern im Asylverfahren und bei der Registrierung zahlreiche Behördengänge machen oder Anhörungen besuchen müssen, die kein kindgerechtes Umfeld bieten.
Dass eine gezielte Informationen der Eltern und eine gute Infrastruktur einen positiven Einfluss auf die Betreuungsquote und den Zugang der Kinder zu ihrem Recht auf Bildung haben können, zeigen die unterschiedlichen Kita-Besuchsquoten in den verschiedenen Kommunen. Hamburg und der Landkreis Nordsachsen weisen hier doppelt so hohe Werte auf wie Berlin oder Bautzen und könnten daher als Beispiel für einen schnellen Kita-Zugang dienen.
Auch die Kindertageseinrichtungen selbst brauchen dringend Informationen über die Arbeit mit möglicherweise traumatisierten, meist nicht Deutsch sprechenden Kindern aus anderen Kulturen. Hier gibt es – so das Ergebnis der Befragung der Monitoring-Stelle UN-Kinderrechtskonvention – in den Bundesländern unterschiedliche Praxen.
Standards für Angebote in Erstaufnahmeeinrichtungen werden offenbar nur dann als notwendig erachtet, wenn diese in den Regelungsbereich der Kinder- und Jugendhilfe fallen. Das ist jedoch für die meisten Angebote in Erstaufnahmeeinrichtungen nicht zutreffend. Es wird daher in der Regel keine Notwendigkeit gesehen, die Schutzrechte von Kindern vorrangig zu behandeln. Allerdings gibt es auch hierzu gegenteilige Auffassungen. So ist hervorzuheben, dass Hessen der Ansicht ist, dass dennoch vergleichbare Schutzvorkehrungen getroffen werden müssen. Begründet wird dies mit der allgemeine Schutzpflicht des Staates gegenüber Kindern und Jugendlichen, die nicht nur deutsche Staatsangehörige betrifft und bei deren Nichteinhaltung verfassungsrechtliche Einwände geltend gemacht werden könnten.
Auch hier sollte der Bundesgesetzgeber Klarheit schaffen und Sorge tragen, dass die für Flüchtlingseinrichtungen im BMFSFJ erarbeiteten Mindeststandards für den Schutz von Kindern und Frauen gesetzlich verbindlich werden.